Adjudikation

Ein Adjudikationsverfahren dient zur Streitvermeidung und/oder Streitentscheidung in komplexen Projekten. Für die maritime Branche kann ein Adjudikationsverfahren zum Beispiel im Zusammenhang mit Schiffbau-, Schiffsreparatur- und Offshore-Projekten sinnvoll sein. Entstehen während oder nach der Ausführung des Projektes Unstimmigkeiten zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien können Adjudikatoren innerhalb kurzer Zeit eine Empfehlung über die Art und Weise der Projektfort- bzw. -ausführung aussprechen sowie einstweiligen Anordnungen oder Entscheidungen treffen und damit eine längere Verzögerung der Projektdurchführung verhindern.

Von Adjudikatoren getroffene Entscheidungen und einstweilige Anordnungen binden die Parteien zumindest vorübergehend, können aber in Schieds- oder Gerichtsverfahren überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden.

Adjudikatoren können – je nach Bestellung durch die Parteien und je nach Art der Streitigkeit – Fachleute aus allen Bereichen wie zum Beispiel Techniker, Kaufleute, Juristen sein. Sie können von Beginn des Projektes an projektbegleitend bestellt und tätig sein oder erst dann bestellt werden, wenn eine konkrete Unstimmigkeit entstanden ist.

Rechtliche Grundlage für die Durchführung eines Adjudikationsverfahrens ist eine zwischen den Parteien vereinbarte Adjudikationsklausel oder Adjudikationsvereinbarung.

FAQ

ZUR ADJUDIKATION

Besonders bei der Ausführung großer Projekte mit besonders hohen Werten und diversen Schnittstellen und daraus unter Umständen resultierender unterschiedlicher Interessen einer Vielzahl von Beteiligten kann der Zeitfaktor eine große Rolle spielen. Häufig ist es wichtig, längere Verzögerungen der Projektausführung zu vermeiden. Daher wird in diesen Projekten oft vereinbart, Adjudikatoren im Rahmen eines Adjudikationsverfahrens über rechtliche, technische und/oder wirtschaftliche Unstimmigkeiten entscheiden oder Empfehlungen aussprechen zu lassen.

Ein Adjudikationsverfahren beruht, wie auch ein Schiedsverfahren, auf einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien, im Falle einer Streitigkeit ein Adjudikationsverfahren durchführen zu wollen. Ein Adjudikationsverfahren wird allerding in einem deutlich kürzeren Zeitraum durchgeführt, insbesondere um eine längere Verzögerung des streitigen Projektes zu verhindern.

Eine Entscheidung der Adjudikatoren ist für die Parteien vorläufig bindend. Wird die Entscheidung nicht innerhalb einer vereinbarten, vorgegebenen Frist angefochten, wird die Entscheidung endgültig bindend. Angefochten werden kann eine Entscheidung je nach Vereinbarung der Parteien diesbezüglich vor einem staatlichen Gericht oder vor einem Schiedsgericht.

Die Parteien können vereinbaren, dass Adjudikatoren entweder von Beginn des Projektes an, also projektbegleitend, oder bei Auftreten einer Unstimmigkeit, also ad-hoc, beauftragt werden. Vorteil projektbegleitender Adjudikation ist, dass die Adjudikatoren von Beginn an mit dem Projekt vertraut sind und eine Einarbeitung nicht notwendig ist. Eine Intervention ist daher sehr kurzfristig möglich. Hinzu kommt, dass eine Projektbegleitung auch eine disziplinierende Wirkung auf die Projektparteien haben kann. Allerdings entstehen durch die Projektbegleitung Kosten durch die Vergütungs- und Auslagenerstattungsansprüche der Adjudikatoren. Es bedarf daher einer Abwägung im Hinblick auf das konkrete Projekt, ob eine projektbegleitende Adjudikation einer ad-hoc Adjudikation vorzuziehen ist.

Es steht den Parteien frei, den bzw. die aus ihrer Sicht geeignete(n) Person(en) zu Adjudikatoren zu bestellen. Die Adjudikatoren können beispielsweise Juristen mit Kenntnissen in dem Industriebereich, zu dem das Projekt zählt, aber auch Techniker oder Kaufleute sein. Die zu bestellenden Adjudikatoren müssen neutral, das heißt ohne Interessenkonflikt sein. Ferner müssen sie über ausreichend Zeit für eine sachgerechte und zügige Durchführung des Adjudikationsverfahrens verfügen.

Die GMAA stellt auf ihrer Homepage eine Liste derjenigen GMAA-Mitglieder zur Verfügung, die bereit sind, als Adjudikatoren tätig zu werden. Die Liste ist nicht abschließend. Es ist zudem keine Bedingung, einen Adjudikator aus dieser Liste zu wählen.

Rechtliche Grundlage für die Durchführung eines Adjudikationsverfahrens ist, dass die Parteien eine Adjudikationsklausel vereinbart oder eine Adjudikationsvereinbarung geschlossen haben. Üblicherweise wird eine Adjudikationsklausel bzw. -vereinbarung bereits in dem Vertrag vorgesehen, der die Leistungen der Parteien im Rahmen des Projektes regelt. Eine spätere Vereinbarung, zum Beispiel wenn es zu der Unstimmigkeit gekommen ist, ist jedoch ebenfalls möglich. In der Adjudikationsklausel oder -vereinbarung muss geregelt sein, dass ein Adjudikationsverfahren nach der Adjudikationsordnung der GMAA durchgeführt werden soll. Ein Adjudikationsverfahren nach den Regeln der GMAA wird bei einer ad-hoc Adjudikation durch Bestellung eines Adjudikators durch eine Partei und Aufforderung an die andere Partei, ihrerseits ebenfalls einen Adjudikator zu bestellen. Das Streitentscheidungsverfahren bei projektbegleitender Adjudikation beginnt mit Zugang einer entsprechenden Antragsschrift einer der Parteien bei den Adjudikatoren.

Adjudikationsklauseln

Eine Adjudikationsklausel sollte möglichst gut auf den individuellen Vertragszweck und die Konflikte, die zwischen den Parteien aufkommen könnten oder aufgekommen sind, abgestimmt werden. Eine Basis für eine Adjudikationsklausel für ein ad-hoc-Verfahren, die individuell angepasst und ergänzt werden sollte, kann wie folgt lauten:

"Streitigkeiten zwischen den Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Vertrag (…Bezeichnung des Vertrages ...) werden in einer Adjudikation nach der Adjudikationsordnung der German Maritime Arbitration Association (GMAA) entschieden. Die Adjudikatoren entscheiden die Streitigkeit innerhalb von (…Tagen…) ab Beginn des Adjudikationsverfahrens nach § 2 der Adjudikationsordnung. Vor Durchführung eines Adjudikationsverfahrens ist die Einleitung eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens zur Entscheidung der Streitigkeit unzulässig.“

Kosten der Adjudikation

Bei Durchführung einer Adjudikation entstehen Kosten insbesondere durch die Vergütung der Adjudikatoren, deren Auslagen und die Kosten der Parteien zum Beispiel durch rechtliche Beratung und Vertretung.

Die Vergütung der Adjudikatoren sollte vorab vertraglich zwischen den Parteien einerseits und den Adjudikatoren andererseits vereinbart werden.

Die GMAA stellt keine gesonderte Gebührenordnung für die Adjudikation zur Verfügung. Es ist aber möglich, auf die Gebührenordnung der GMAA für Schiedsverfahren zu verweisen.

Eine Vergütung kann aber auch zum Beispiel auf Stundensatzbasis oder auf Basis des Streitwertes (wirtschaftlicher Wert des Disputes) nach der Rechtsanwaltsvergütungsordnung berechnet werden.

Regularien der Projektadjudikation

  1. Die Durchführung eines Adjudikationsverfahrens gemäß dieser ProjektAO kann vor oder während der Durchführung eines Bau-, Schiffbau- oder anderen Projekts vereinbart werden als
    a. projektbegleitende und -fördernde Regelung von Anfang an (projektbegleitende Adjudikation), oder
    b. ad-hoc bei Auftreten von Konflikten (ad-hoc-Adjudikation).

Das Verfahren beginnt mit dem Verlangen einer Partei auf Bestellung eines Adjudikators. Die Adjudikatoren werden bestellt nach den Regelungen für Schiedsrichter (§§ 2 ff, 9 SchiedsGO). Nicht Voraussetzung ist das Vorliegen einer Streitigkeit (§ 1 SchiedsGO) oder einer Schiedsklage (§§ 7, 11 SchiedsGO) bzw. eines Streitgegenstandes (§ 9 SchiedsGO).

  1. Unmittelbar nachdem alle Adjudikatoren bestellt sind, haben die Parteien jedem Adjudikator einen vollständigen Text des bzw. der Ausgangsverträge sowie aller weiteren, wesentlichen Informationen über das Projekt zu übermitteln. Unverzüglich hiernach sollten die Adjudikatoren ein Treffen vereinbaren, um sich weitere Kenntnisse zu verschaffen.
  2. Die Adjudikatoren können von den Parteien jederzeit weitere Informationen verlangen. Sie haben den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt weiter zu klären, soweit sie dies für erforderlich halten. Hierzu können sie insbesondere den Parteien Auflagen erteilen, Zeugen und Sachverständige hören bzw. beauftragen sowie die Vorlage von Urkunden und anderen beweiserheblichen Sachen verlangen.
  3. Während des Adjudikationsverfahrens wird nach Bedarf oder auf Anforderung in kurzen Abständen – zum Beispiel turnusgemäß von wenigen Wochen - und, sofern sinnvoll, vor Ort in dafür von den Parteien bereitgestellten und ausgestatteten Räumlichkeiten verhandelt.
  1. Die Adjudikatoren gewähren den Parteien in jedem Stadium des Verfahrens ausreichendes rechtliches Gehör.
  2. Die Adjudikatoren wirken jederzeit auf eine zügige Streitvermeidung und -beilegung hin. Entscheidungen sollen von ihnen unverzüglich getroffen werden. Unverzüglich ist eine Entscheidung im Regelfall, wenn sie am Ende der mündlichen Verhandlung getroffen wird.
  3. Die Adjudikatoren sollen in jedem Stadium des Verfahrens auf eine gütliche Regelung des Streites oder einzelner Streitpunkte bedacht sein und, wenn sie dies für tunlich halten, den Parteien einen Vergleich vorschlagen.
  4. Die Adjudikatoren setzen den Parteien Fristen zu Stellungnahmen und zur Erfüllung von Auflagen.Die gesetzten Fristen sind für die Parteien verbindlich. Sie werden nur verlängert, wenn unabweisbare Gründe vorgetragen werden. Es steht den Adjudikatoren frei, verspätet eingereichte Schriftsätze bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
  5. Das Adjudikationsverfahren wird in deutscher Sprache durchgeführt, es sei denn, die Parteien treffen eine abweichende Vereinbarung.
  6. Die Parteien übermitteln sich gegenseitig alle Schriftsätze und sonstigen Stellungnahmen mit Anlagen sowie jedem Adjudikator ein weiteres Exemplar.
  7. Die Adjudikatoren sind verpflichtet, Unterlagen und Informationen, die sie im Rahmen des Adjudikationsverfahrens erhalten haben, vertraulich zu behandeln und nicht an Dritte weiterzugeben. Die Parteien und die Adjudikatoren sind verpflichtet, über die Durchführung und den Inhalt des Adjudikationsverfahrens Verschwiegenheit gegenüber jedermann zu bewahren.
  1. Über jede mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift anzufertigen. Niederschriften von Zeugenvernehmungen und Anhörungen von Sachverständigen sind in Gegenwart der Parteien zu diktieren.
  2. Die diktierten Niederschriften werden möglichst am Terminstag fertiggestellt und vorzugsweise bei Terminsende den Parteien übergeben.
  3. Vergleichen sich die Parteien im Adjudikationsverfahren, so wird die Einigung schriftlich niedergelegt und von allen Parteien unterschrieben. Läuft gleichzeitig ein Schiedsverfahren über die Streitigkeit oder wird ein solches eingeleitet, so hält das Schiedsgericht auf Antrag der Parteien den Vergleich in der Form eines Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut fest.
  1. Auf Antrag und nach Anhörung der Parteien treffen die Adjudikatoren während der oder aufgrund einer mündlichen Verhandlung einstweilige Anordnungen. Die Anordnung erfolgt durch schriftlichen Beschluss, der auch in das Protokoll diktiert werden kann. Zur Begründung dürfen die Adjudikatoren geeignetenfalls auf vorherige Hinweise oder Beweisergebnisse Bezug nehmen. Die Anordnung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden; § 1041 ZPO gilt insofern entsprechend.
  2. Anordnungen sind für die Parteien bindend. Die Bindungswirkung entfällt, soweit eine Anordnung durch eine gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Wird eine Anordnung von einer Partei nicht beachtet, bleiben die sich aus ihr während ihrer Geltungsdauer ergebenden Rechte wie Schadensersatz, Verzug oder Leistungsverweigerung erhalten (außer bei festgestellter offenbarer Unbilligkeit). Das gilt auch insoweit, als eine Anordnung später durch eine gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird.

Die Aufhebung einer Anordnung kann binnen eines Monats nach ihrem Zugang im Wege der Schiedsklage gegenüber der anderen Partei beantragt werden. Schiedsrichter sind –unabhängig von § 2 Nr. 2 SchiedsGO- die Adjudikatoren, die die angefochtene Entscheidung gefällt haben, sofern die Parteien dies vereinbaren. Im Schiedsverfahren können neben den bisherigen Erkenntnissen auch veränderte Umstände oder vorher unverschuldet nicht vorgetragene Umstände oder - gegebenenfalls innerhalb gesetzter Fristen - neuer Vortrag und Beweisantritt berücksichtigt werden.

Das ad-hoc-Adjudikationsverfahren endet spätestens drei Monate nach Verfahrensbeginn, es sei denn, die Parteien treffen eine abweichende Vereinbarung. Innerhalb dieser Frist haben die Adjudikatoren die Anordnung, sofern noch erforderlich, an die Parteien abzusenden.

Ein Adjudikator kann seine Tätigkeit nur aus wichtigem Grund beenden.

  1. Die Adjudikatoren werden unabhängig von eventuellen anderen laufenden Verfahren gesondert vergütet auf Basis eines zu vereinbarenden oder, in Ermangelung einer Vereinbarung, üblichen Stundensatzes. Zusätzliches Honorar kann für die Einhaltung bestimmter Konfliktbeilegungstermine oder der Projektdauer oder für die endgültige Konfliktbeilegung vereinbart werden.
  2. Die Adjudikatoren haben Anspruch auf Erstattung von Auslagen, die sie im Zusammenhang mit der Adjudikatorentätigkeit aufgewandt haben, soweit die Auslagen angemessen und nachgewiesen sind.
  3. Die Adjudikatoren können von den Parteien eine angemessene Sicherheit für die voraussichtliche Vergütung, Auslagen und Kosten von Beweisaufnahmen verlangen. Statt der Sicherheit können die Adjudikatoren einen Vorschuss auf die Vergütung verlangen. Die Adjudikatoren sollen die Sicherheit bzw. den Vorschuss von dem Antragsteller und dem Antragsgegner je zur Hälfte anfordern.

Kosten der Parteien werden nicht erstattet.

  1. Die Verjährung für Ansprüche, die Gegenstand des ad-hoc-Adjudikationsverfahrens sind, ist ab Einleitung des Adjudikationsverfahrens (§ 2 dieser ProjektAO) gehemmt.
  2. Die Hemmung endet sechs Monate nach dem Ende des Monats, in dem das Adjudikationsverfahren geendet ist (§ 8 dieser ProjektAO).

Es gilt deutsches Recht, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.

Soweit sich aus den vorstehenden besonderen Regelungen dieser Projekt-AO nichts anderes ergibt, gilt ergänzend die Schiedsgerichtsordnung der German Maritime Arbitration Association (GMAA) sinngemäß.

Hier finden Sie die Mitglieder der GMAA, die bereit sind, als Adjudikator tätig zu werden.

Nachfolgend finden Sie die Mitglieder der GMAA, die bereit sind, als Adjudikator tätig zu werden. Die Liste ist nicht abschließend. Es ist zudem keine Bedingung, einen Adjudikator aus dieser Liste zu wählen.

Sie haben die Möglichkeit, die Anzahl der entsprechenden Mitglieder mit Hilfe von Suchworten einzuschränken (zu filtern), zum Beispiel nach Nachnamen, Firmen, Orten, Berufen, Expertise oder Fremdsprachen. Auch das Filtern nach mehreren Suchworten - nur durch ein Leerzeichen getrennt - ist möglich.

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